Eine Uelsener Kindheit in den 1950er Jahren

Einführung

Geschichten von Christel Hömberg

 

Bis Ende der 1980er Jahre stand das Haus der Familie Büter-Wolf in Uelsen in der Straße Am Markt. Es befand sich zwischen dem Geschäft Reinders (2023 Mine) und dem Textilhaus Diek (2023 leerstehend).

Es wurde von einer Familie Büter bewohnt. Dina Büter hat Jan Wolf geheiratet. Das Ehepaar ist dort wohnhaft geblieben. Trotz der Namensänderung blieb es in der Bevölkerung von Uelsen das „Haus Büter“.

Die Tochter von Jan und Dina Wolf = Johanne hat Fritz Husemann geheiratet. Das Ehepaar war dort auch wohnhaft und hatte zwei Töchter Christel und Marianne.

 

Von Christel Hömberg, geborene Husemann stammen die hier aufgeführten Geschichten. Sie wurden vor einigen Jahren zu Weihnachten in den Grafschafter Nachrichten veröffentlicht.

 

Die Bilder stammen von Christel Hömberg und vom Heimatverein Uelsen und Umgebung e.V.

 

 

Einschulung 1952

 

Vorne rechts: Johanne Husemann (geb. Wolf) mit Tochter Christel (Ehename Hömberg). Links daneben Helmut Banas.

 

Mit dem Fahrrad rechts oben = Dina Wolf (geb. Büter) und nach links Gerlinde Banas (Ehename Holstein).

 

 

Nach der Einschulung 1952

 

Links Hanna Wolterink / mit Schultüte Christel Husemann (Ehename Hömberg). Daneben Ihre Mutter Johanne Husemann (geb. Wolf) mit Tochter Marianne.

Im Hintergrund die Häuser Leemhuis und Wolterink-Landhandel. Der PKW und das Fahrrad stehen vor dem Textilgeschäft Diek.

 

 


Meine Kindheit in Uelsen

 

Eine Geschichte von Christel Hömberg-Husemann, der ältesten Tochter von Büters Johanne

 

Geboren wurde ich am 10. Juni 1946 im Krankenhaus in Hilten. Mit meinen Eltern und mit der 1950 geborenen Schwester wohnte ich im Haus meiner Großmutter und meiner Tante in einem alten Ackerbürgerhaus am Markt, zwischen der Werkstatt von Reinders (2023 Firma Mine) und einem alten Ehepaar, Tante Leida und Onkel August (Kip), später Textilhaus Diek.

Meine Eltern haben 1944 geheiratet und es war ganz schön mühselig, den Stoff für ein Brautkleid zu bekommen, welches dann von Sina Slat genäht wurde. Der erste Anlauf zur Hochzeit ging schief, weil die Invasion in der Normandie dazwischenkam. Die Gäste waren da, nur der Bräutigam fehlte.

 

Mein Vater stammte aus Meißen und er hatte es in Uelsen anfangs ganz schön schwer. Er schob mich im Kinderwagen durchs Dorf, ein Mann der den Kinderwagen schiebt, was ist das denn für einer? Legendär war die Geschichte des zerhackten Rhabarbers. Auf einem Stück Land in der Würde (2023 Neubaugebiet) wurden Kartoffeln und Gemüse angebaut und mein Vater grub dort um. Im Frühjahr wunderten sich alle, dass der Rhabarber nicht auslief. Nach einigen Wochen kam dann hier und dort ein kleines Stückchen und es stellte sich heraus, dass mein Vater in Unkenntnis den Wurzelstock zerhackt hatte, weil er dachte es wäre Unkraut.

 

Auch beim Torfstechen im Bathorner Moor gab es Gelächter, weil er den Torf suchte. Woher hätte er, der in der dritten Etage aufgewachsen war, auch wissen können, dass diese nasse Erde mal zu dem Torf wird, mit dem wir unsere kleine Küche geheizt haben. Aber er brachte den Weihnachtsbaum in unsere kleine Küche, erst mit selbst geschnittenem Lametta und Kerzen, die sich bei der Wärme in dem kleinen Raum bogen, später mit schönen Kugeln vom Versandhaus Quelle.

 

Doch mit den Jahren gewöhnten sich die Uelsener und der Sachse, der kaum sächselte, aber auch kein Plattdeutsch sprach, es aber sehr gut verstand, aneinander. Das Geld war knapp und so holte sich mein Vater die Baumstubben von den gefällten Bäumen von überallher. Den Leuten war es recht und so ackerte mein Vater stundenlang mit der Axt und dicken Eisenkeilen, die er mit einem riesigen Hammer ins Holz trieb, um diese Stubben aus der Erde zu bekommen und sie so klein zu machen, dass er sie mit einem Handwagen nach Hause bringen konnte um sie dort auf einem Hackklotz passend für den Herd zu hacken. Und das nach der Arbeit bei Niehues & Dütting, wie NINO damals noch hieß.

 

Zur Arbeit fuhr mein Vater mit dem Rad meiner Mutter, denn sein eigenes Rad stand noch in Meißen. Er schrieb an Otto Grotewohl, den Ministerpräsidenten der DDR, wegen des Rades und tatsächlich: Eines Tages war das Rad der Marke Seidel und Naumann in Uelsen und auf diesem Fahrrad ist mein Vater bis zuletzt zur Arbeit gefahren.

Da wir nur zwei kleine Zimmer bewohnten, spielte sich viel auf dem Bürgersteig vor dem Haus ab. Abends an schönen Sommertagen wurden überall Bänke und Stühle vor die Häuser gestellt und die Menschen saßen dort, unterhielten sich, putzten Gemüse, stopften Strümpfe oder lasen. Das war schon immer so.

 

Langeweile kannten wir nicht. Im Sommer pflückten wir Kornblumen am Rande der Kornfelder, im Lager des Landhandels Wolterink (2023 Parkplatz Gebäude der IV.Kompanie) fuhren wir uns gegenseitig mit der Sackkarre durchs Lager. Im April 1952 wurde ich in die Volksschule Uelsen eingeschult; diese Schule hatte schon meine Mutter besucht. Rektor Behrends wurde wegen seines Bartes „Ziggeböertken“ (Ziegenbärtchen) genannt.

 

Eine Kindheit mit vielen Entbehrungen, aber trotzdem eine schöne Zeit.

 

Das Ehepaar August und Leida Kip (geb. Diek) in den 1930er Jahren.

Personen von links: Die Geschwister Johanne Wolf (Ehename Husemann) und Wilhelm Wolf und ihr Vater Jan Wolf.

 

August Kip, Dina Wolf (geb. Büter), Leida Kip (geb. Diek) und Maria Johanna (Marie) Diek.