Eine Erzählung von Ludwig Sager (in der früher üblichen Schreibweise)
Ausschnitt einer Veröffentlichung in den „Nordhorner Nachrichten“ aus dem Jahr 1930
Wer kennt denn nicht das niedliche Rätsel von den vier sich fangenden Schwestern, die unermüdlich hintereinander herlaufen und sich doch nie greifen? Wer
früher vom „Hoalbohm“ (Hollboom) zwischen Uelsen und Wilsum die Augen weit ins grüne Land schweifen ließ, sah vier oder auch fünf solcher sich fangenden Reigen, denen der Wind das Tempo
vorschrieb.
Nur westlich hinter den braunen Hügeln des „Weißen Berges“ spielt heute noch eine Gruppe eifrig Haschen und Fangen.
Und die anderen? Ein Doppelpaar, das nächste, holte sich vor rund 20 Jahren das Feuer- unvergesslich der Anblick der vier brennenden Schwestern von Baumans
Mühle am dunkelen Nachthimmel, bis sie wimmernd und heulend zusammenstürzten un ihr nimmermüdes Spiel für alle Zeit abbrachen. Ein furchtbarer und doch gewaltiger Endspurt.
Noch schnellere Arbeit machte einmal Donars Feuerhammer. Der sauste 1910 auf eins der Paare südlich von Uelsen, daß krachend Holz und Späne flogen und die
Kinder in der nahen Schule entsetzt auffuhren: Da haschten sich einige Zeit nur noch zwei Schwestern.
Nach Osten hin ist´s auch schon seit langem stille geworden, und vor einigen Tagen las man, daß Menschhand und Menschenstücke den steinernen Thron
unrühmlich gestürzt, auf dem sich die Flügel drehten. Endgültig tot ist Voshaars Mühle in Neuenhaus.
In diesen Tagen kam auch die alte fürstliche Mühle auf dem Uelser Mühlenberg zum Verkauf, nachdem längst die vier munteren Schwestern ihr Spiel eingestellt hatten.
Die klagte seit Jahren:
Ich kann nicht sorgen und schaffen schwer,
ich kann nicht drehen und Mahlen mehr:
was tu ich noch auf der Welt?
Nein so ganz undankbar waren die Menschen doch nicht, die einst als Kinder an dem lustigen Spiel gefreut, an ihrem lustigen Flügelschlag ergötzt. Da gab´s
in Uelsen und Bauerhausen nur eine Stimme: Das alte Wahrzeichen in Ehren halten! Die beiden Gemeinden kauften den Platz, von dem man wie ein König über Volk und Land des trauten Dörfchens schaut.
Und wer sich in Zukunft dessen noch freuen mag, dem will man in der alten Mühle- aus Quaderstein von unten aufgebaut- es demnächst heimisch und wohnlich machen. Von Mund zu Mund weden sich´s die
Kinder erzählen, die Ostern hier die Eier aufwerfen, wie drüben und hier sich einst die lustigen vier Schwestern jagten.
Als Graf Benzin und König Strom noch nicht herrschten.
Es ist ein eigen Los um unseren Windmühlen! An solchen Tagen erzählt man sich alte Geschichten.
Als man vor Jahrhunderten Plaßmann in Uelsen die Mühle baute, mußte jeder Bauer eine Fuhre Steine von Bentheim holen. Der Pferdeschaum und Schweiß düngte den mageren Feldweg übern Isterberg und durchs weite Hestruper Feld. Als man das Korn brachte und die Schwestern ihr Spiel begannen, kam der hohe gräfliche Gebieter und sagte: „Halt der Wind gehört mir!“ Und Plaßmann machte erst ein langes Gesicht, um bald einzusehen, daß der Graf kraft seines Säckels ihm besser die schöne Mühle als er dem Grafen den Wind abkaufen konnte. So war er ganz vernünftig und tröstete sich mit billigen Trost:
-“Elker up sein Ste´l sä den Pastor, do sätt he de van de Mölof in´tzeit der Hoar“.
Und den gemeinen Mann in die Pacht. Wie hoch in der guten alten Zeit der Wind im Werte stand, erfuhren die Wietmarscher …