Den Schusterhammer aus der Hand gelegt Georg Hesselink starb mit 92 Jahren / Ältester Schuhmacher der Grafschaft

 

 

Nachruf in den Grafschafter Nachrichten von Willy Friedrich

 

Erschienen im Dezember 1997 zum Tod von Schuhmacher Georg Hesselink

 

 

 

 

Er hat seinen Schusterhammer für immer aus der Hand gelegt, der Schuhmachermeister Georg Hesselink aus Uelsen. 92 Jahre ist er alt geworden. Bis vor kurzem saß er noch regelmäßig an seiner Werkbank in der kleinen, wie ein Mini-Museum wirkenden Werkstatt. Am Mittwoch nachmittag wurde mit ihm der älteste noch tätige Schuhmacher in der Grafschaft zu Grabe getragen.

 

Der Verstorbene hat sich ein Leben lang nicht nur um Schuhe und Stiefel gekümmert. Er war vielmehr ein Mann, der sich immer wieder für ehrenamtliche Tätigkeiten – vor allem im Vereinsleben – zur Verfügung stellte. Genannt sei sein Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr, im Gemischten Chor und nicht zuletzt als Mitbegründer des Deutschen Roten Kreuzes Ortsverband Uelsen.

 

Erst vor kurzem hat Georg Hesselink, der zu den drei ältesten Einwohnern des Kirchdorfs gehörte, seine blaue Schusterschürze an den Nage gehängt, in der Hoffnung, sie vielleicht noch mal wieder umbinden zu können. Das war ihm jedoch nicht vergönnt.

 

Über den Wandel in seinem Beruf konnte der Hochbetagte Lieder singen. 130 Jahre war das ehrbare Handwerk in seiner Familie „zu Hause“. Damals wurden Schuhe und Stiefel noch von Hand angefertigt. Im Jahre 1905 begann auch für den Schuhmacher aus Uelsen das industrielle Zeitalter. Damit verlor das klassische Handwerk in dieser Branche seinen „goldenen Boden“. Nur noch in Einzelfällen wurden Schuhe in Handwerksarbeit angefertigt. Meistens handelte es sich um orthopädische Schuhe oder Stiefel.

 

Wie Georg Hesselink einmal sagte, konnte ein Schuhmacher früher pro Woche zwei Paar normale Schuhe von Hand anfertigen. Ein guter Geselle schaffte es, an einem Tag drei Paar Schuhe neu zu besohlen. Pro Woche verdiente ein Geselle fünf Mark.

 

1919 begann Georg Hesselink die Lehre im elterlichen Betrieb. 1923 legte er in Nordhorn die Gesellenprüfung ab. Sein Gesellenstück: Ein Paar selbstgefertigte Schuhe.

 

In den letzten Jahren hat sich der Meister überwiegend mit Reparaturen beschäftigt. Während seiner Mußestunden dachte er über sein von Höhen und Tiefen geprägtes langes Leben nach. Trotz aller Widerwärtigkeiten verlor er nicht seinen trockenen Humor. Er war im besten Sinn des Wortes ein Dorf-Original.

 

Seinen Beruf hatte der Schuhmacher von der Pike auf erlernt. Er war noch dabei, als Schaffelle Uelsener Schafhalter in Kuhlen auf dem Hof gegerbt wurden. Während der Schlachtzeit fielen zahlreiche Felle an. Sie wollten sorgfältig bearbeitet werden. Nur so ließ sich aus der Rohware ein Qualitätsschuh herstellen.