Die regionale Begräbniskultur

Bis zum Jahr 1975 wurden in Uelsen die Verstorbenen noch zu Haus aufgebahrt und am Tag der Beerdigung mit dem Leichenwagen zum Friedhof gebracht.
Der Wagen wurde von ein oder zwei Pferden gezogen und die Pferde wurden mit einer schwarzen Decke fast ganz verhüllt.
Direkt hinter dem Wagen folgten der Pastor und die Trauergesellschaft. Kam jemand dem Leichenwagen entgegen, blieb derjenige am Straßenrand stehen und erwies dem Verstorbenen die letzte Ehre. Der Leichenzug wurde auch nicht von PKW oder Fahrrädern überholt.
Der Friedhof befand sich noch bis ca. 1813 direkt bei der reformierten Kirche. Er wurde dann an die heutige Itterbecker Straße (2023 Wohnanlage und Zahnarztpraxis Dr. Lüdtke) verlegt.
Seit ca. 1840 befindet er sich am heutigen Standort an der Höcklenkamper Straße.
Durch den Bau der Leichenhalle in unmittelbarer Nähe zum Friedhof gibt es seither diese Form der Bestattung nicht mehr.
Der Leichenwagen war in Uelsen untergebracht in einer Scheune an der Ecke Nackenbergstraße/Marschstraße (2023 Parkplatz Textilhaus Hoedt).
Er ist Ende der 1970er Jahre dann an einen Antik-Sammler in die Niederlande verkauft worden.

 

 


 

 

Nach Erinnerung des Webmaster wurden in Uelsen bis Mitte der sechsziger Jahre noch sogenannte Liekhüüskes über das frische Grab gestellt. Sonntags wurden diese oftmals mit einem schwarzen Tuch bedeckt.

 

Dazu gibt es einen Bericht von Georg Kip in dem Jahrbuch 1957 des Heimatverein der Grafschaft Bentheim.


Der alte Friedhof

Eine Aufnahme aus den 1940er Jahren. Seit Generationen prägt dieses schmiedeeiserne Tor den Eingang des alten Friedhofes.

 

Eine Foto von Willy Friedrich aus dem Jahre 1989. Das Bild trägt den Titel „Familiennamen – Familienschicksale …“

 

 


 

Aus der Heimatbeilage der Grafschafter Nachrichten, November 1989 von Willy Friedrich

 

Friedhof – ein Stück Heimatgeschichte

 

Die Bezeichnung „Friedhof“ ist erst in den Jahren von 1815 bis 1819 entstanden. Ursprünglich gruppierten sich die Ruhestätten um Kirchen und Kapellen, wie es heute noch in verschiedenen Gemeinden in Süddeutschland üblich ist. Wenn im heimischen Sprachgebrauch das Wort „Karkhoff“ nach wie vor fest verwurzelt ist, dann erinnert das an die Zeit der Kirchhöfe, die unmittelbar nach der Christianisierung in unmittelbarer Nähe der Gotteshäuser entstanden sind. Dort wussten die Menschen sich Gott am nächsten, gleichsam im Schatten der hochaufragenden Kirchen. Dort wurden sie zur letzten Ruhe gebettet. So blieb am besten die Verbindung zu den Angehörigen bestehen, die sonntags unter der Kanzel die frohe Botschaft von der Auferstehung hörten, die Kinder zur Taufe trugen oder den Bund fürs Leben schlossen, die aber auch im ewigen Kreislauf von Stirb und Werde das Zeitliche segneten.

 

Dann befahl der Franzosenkaiser Napoleon die Verlegung der Friedhöfe Sie wurde in ganz Preußen einheitlich angeordnet, obwohl Napoleon bereits seit 1813 nicht mehr Herr im Lande war. In jenen Jahren entstand in Uelsen an der Itterbecker Straße, dort wo sich heute der Kindergarten befindet (2021 = Wohnanlage und Zahnarztpraxis Lüdtke), der neue Begräbnisplatz. Die meisten Bewohner des Kirchspiels Uelsen wissen davon nichts mehr. Überlieferungen besagen, dass es den Menschen sehr schwer geworden ist, sich an die durchgreifende Veränderung zu gewöhnen.

 

An der Itterbecker Straße werden schon längst keine Toten mehr beerdigt. Bald stellte sich nämlich heraus, dass dieses Gelände sehr stark unter seinem hohen Grundwasserstand zu leiden hatte. Immer wieder kam es vor, dass frisch ausgehobene Gräber kurze Zeit später mit Wasser gefüllt waren.

 

Die Kirchengemeinde hielt nach einem neuen Friedhof Ausschau. Sie fand ein entsprechendes Grundstück an der Höcklenkamper Straße unterhalb der Windmühle. Dort wurden um 1840 die ersten Verstorbenen an der Nordseite beerdigt. Alte Grabplatten erinnern heute noch an die Anfangszeit, in der den alteingesessenen Einwohnern von Uelsen und Umgebung Begräbnisplatz zur Verfügung gestellt wurde.

 

Dieser alte Friedhof ist mittlerweile ein Stück Familien- und Dorfgeschichte geworden. Wenn die Ruhezeiten ausgelaufen sind, soll er neugestaltet werden. Mehrere alten Grabplatten sind noch erhalten. Nur sehr schwer lassen sich die in den Sandstein geschlagenen Namen, wie zum Beispiel Batz, Ottink, Koderwey, Wedekind, Aschendorf (beide waren einmal Bürgermeister in Uelsen), Heinhues, Rotmens, Crieger und Leege entziffern. Auch die früheren Pastoren Metelerkamp-Cappenberg, van Nes, Schulte, Schumacher und Lankamp fanden hier ihre letzte Ruhe.

 

Die Pflege der Gräber ließ allgemein früher einige Wünsche offen. Die Ursachen der „Gleichgültigkeit“ liegen wohl in der reformierten beziehungsweise calvinistischen Glaubensauffassung begründet. Die bekanntlich von „Schmuck“ und „Prunk“ nichts hielt.

 

Vieles ist im Lauf der letzten Jahrzehnte anders geworden. Auch unsere Dorffriedhöfe haben ihr Gesicht gewandelt. Das wird vor allem auf den jüngeren Friedhofsteilen in Uelsen deutlich.

 

Bereits seit längerer Zeit bemüht die Kirchengemeinde sich um die Vergrößerung ihres Friedhofs. Mit dem Ankauf einer 14000 Quadratmeter großen Fläche von der Familie Reurik wurden die Voraussetzungen geschaffen. Auf dem Grundstück südlich der zum Waldbad führenden Straße ist die Neugestaltung beinahe abgeschlossen, so dass hier im nächsten Jahr die ersten Toten beerdigt werden können. Strenge Auflagen der zuständigen Behörden mussten erfüllt werden. Teile des Untergrundes (Lehm) wurden ausgetauscht und Drainage im Boden verlegt. Hinzu kommt die Befestigung der Zuwege. Alles in allem muss die evangelisch-reformierte Kirchengemeinde etwa 300000 Mark für die Herrichtung und gärtnerische Gestaltung der neuen Friedhofsfläche aufbringen.

 

Um die Erweiterung hat es im kommunalen Bereich Meinungsverschiedenheiten gegeben. Der zweifellos ideale Plan, den oberen Westhang des Mühlenberges in das Friedhofs-Areal einzubeziehen, ließ sich leider nicht verwirklichen. Eine Alternativlösung am unteren Westhang ließ sich infolge des dort sehr hohen Grundwasserstandes nicht realisieren.

 

Ein Friedhof gleicht einer riesigen Familienchronik. Der ortskundige Besucher kann darin lesen und unzählige Schicksale reihen sich vor seinem geistigen Auge auf. Der alte Friedhof wird geprägt durch alte teilweise verwitterte Grab Denkmale, Büsche und Bäume. Er ist zu einem Stück Kirchspiel- und Heimatgeschichte geworden.

 

Seit September 2017 erinnert ein Gedenkstein an den „Gölenkamper Karkhoff“ der sich an der Nordseite der reformierten Kirche befand. Auch die Einwohner

aus Hardinghausen und Haftenkamp

wurden hier bestattet.

 

 

Der alte Friedhof im Mai 2021