Uelsen und die umliegenden Bauernschaften

im 1. Weltkrieg


Einleitende Worte über den 1. Weltkrieg

 

Der Erste Weltkrieg hat den Weg in die Moderne beschleunigt. Er war die "Urkatastrophe" des 20. Jahrhunderts, eines Jahrhunderts von Krieg, Gewalt und Vertreibungen. Etwa 17 Millionen Soldaten und Zivilisten kostete er das Leben, zerstörte große Teile Europas und hinterließ ungelöste Probleme, die weitere gewaltsame Konflikte nach sich zogen - nicht zuletzt den Zweiten Weltkrieg mit seinen monströsen Gewalttaten. Ohne den Ersten Weltkrieg sind das 20. Jahrhundert, der Aufstieg von Faschismus und Kommunismus sowie der Übergang zur Systemkonkurrenz zwischen West und Ost nicht zu verstehen.

Das Attentat von Sarajevo auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau durch einen nationalistischen Serben am 28. Juni 1914 gilt als Auslöser für den Ersten Weltkrieg. In Wien drängte das Militär auf einen schnellen Vergeltungsschlag gegen Serbien. Das Deutsche Reich sicherte Österreich-Ungarn die uneingeschränkte Bündnistreue gegenüber der Donaumonarchie zu. Am 28. Juli erklärte Österreich-Ungarn Serbien den Krieg, Russland machte ebenfalls teilmobil. Am 30. Juli waren sowohl Russland als auch Österreich-Ungarn im Kriegszustand. Am 1. August 1914 erklärte das Deutsche Reich dem russischen Zarenreich den Krieg. Mit dem Einmarsch deutscher Truppen am 2. August in Luxemburg und am 3. August in Belgien begann für die Deutschen der Erste Weltkrieg.

Am 11. November 1918 endete der Erste Weltkrieg. Wie kam es dazu?

Nach Russlands Ausscheiden aus dem Krieg, versuchte Deutschland an der Westfront eine Entscheidung herbeizuführen, bevor die amerikanischen Truppen vollständig in Europa eingetroffen waren. Doch der deutsche Angriff scheiterte nach einem hoffnungsvollen Auftakt. Im Juli 1918 gingen die Alliierten, Frankreich und Großbritannien sowie die USA, zum Gegenangriff über. Am 8. August 1918 gelang ihnen der endgültige Durchbruch durch die deutsche Front. Dieser Tag ging als „Schwarzer Tag des deutschen Heeres” in die Geschichte ein. Damit war die Niederlage der Mittelmächte besiegelt.

Ebenso wie schon in Russland im Jahr zuvor nahm nun auch im ausgehungerten Deutschland die Kriegsmüdigkeit zu. Immer wieder kam es zu Streiks und Meutereien. Es regte sich auch immer größerer innenpolitischer Widerstand. Um die Ehre der Armee zu retten, schoben die Generäle die Verantwortung zuletzt den Politikern zu und überließen es ihnen, um Frieden nachzusuchen. Dem Kaiser legten sie den Heldentod oder die Abdankung nahe. Doch Wilhelm II. floh nach Holland ins Exil.

Kaiser Wilhelms Reichskanzler Prinz Max von Baden verkündete am 9. November 1918 das Ende der Monarchie und ernannte den Sozialdemokraten Friedrich Ebert zum neuen Reichskanzler. Zwei Tage später, am 11. November 1918, unterzeichnete die neue deutsche Regierung, vertreten durch Staatssekretär Matthias Erzberger, im Wald von Compiègne (nördlich von Paris) einen Waffenstillstand. Dieser Vertrag kam einer bedingungslosen Kapitulation gleich, d. h., das Deutsche Reich erkannte seine Niederlage an und ergab sich, ohne irgendwelche Bedingungen zu stellen.

Die Bilanz: In den vier Kriegsjahren seit 1914 hatten fast zehn Millionen Soldaten ihr Leben verloren, 20 Millionen waren verwundet worden. Die Anzahl der zivilen Opfer wird auf weitere sieben Millionen geschätzt.(Quelle: Spencer Tucker (Hrsg.): The Encyclopedia of World War I. A Political, Social and Military History. Verlag ABC-Clio, Santa Barbara 2005, ISBN 1-85109-420-2, S. 273).

Zum Ende des Krieges befanden sich 25 Staaten mit rund 1,4 Milliarden Menschen im Kriegszustand, das waren etwa drei Viertel der damaligen Erdbevölkerung.

Gefallene und Vermisste des 1. Weltkrieges aus dem Kirchspiel Uelsen

 

Für das Kirchspiel Uelsen liegen folgende Zahlen vor:


 

 

 

 

 

Eine Pioniereinheit vor dem Uelsener Rathaus

 

In der Schulchronik von Uelsen wird über den 1. Weltkrieg kaum etwas berichtet. Anders sieht es aus bei den Schulchroniken der umliegenden Bauernschaften. Über den Kriegsbeginn wird in mehreren Chroniken, vielfach in ähnlicher Form, geschrieben. Wir haben hierzu nachfolgend einen Auszug aus der Chronik der Schule Höcklenkamp:

Aus allen Ortschaften strömten Reservisten und Landwehrmänner zu den Fahnen, um für das geliebte Vaterland zu kämpfen. Mit der Kriegervereinsfahne voran, Lieder singend, zogen die Tapferen zu Scharen durch Neuenhaus, dem Bahnhof zu, von wo aus die Fahrt mit der Bahn angetreten wurde. Glockengeläute, Böllerschüsse aus Neuenhaus und Uelsen meldeten uns die Siege.

 

Aus den Chroniken erfahren wir auch die Namen der zum Kriegsdienst eingezogenen Männer und die Verwundeten und Gefallenen. Leider wird nur sehr wenig über die Stimmung im Dorf berichtet.

 

Zu Mitte des Krieges erfahren wir Folgendes aus der Schulchronik Getelo:

Bisher war die Grenze nach Holland nur zum Teil mit Grenzwachttruppen belegt. Um eine Invasion von England zu verhindern, wurde im Jahre 1916/17 damit begonnen an der Grenze Schützengräben auszuheben. In kurzer Zeit wimmelte es in Uelsen und Neuenhaus von Soldaten verschiedener Formationen, hier drängten sich tagaus tagein Angehörige der Minenwerfer, Artillerie, Bau- und Pionierkompanien, so das das bürgerliche Leben vollständig in den Hintergrund trat. Ehemalige Wirtschaftssäle waren zu Massenquartieren umgewandelt. In sonstigen größeren Räumen waren Schreibstuben untergebracht. Aber auch Privathäuser blieben von der Einquartierung nicht verschont. Der alte Marktplatz in Uelsen zeigte nach und nach das Bild eines militärischen Appellplatzes. An jedem Morgen zogen die Uniformierten zug- und kompanieweise nach Getelo, Getelomoor, usw. Dieser Verkehr auf der sonst so einsamen Landstraße Uelsen – Getelo wurde noch durch die von Neuenhaus kommenden Fuhrwerke vergrößert. Diese lieferten Holz und Draht und sonstige Materialien für den Bau der Schützengräben an. Neben den Schützengräben wurden auch Maschinengewehrstützpunkte gebaut und auch die Artillerie fehlte nicht. 

Appell in der Ortsmitte von Uelsen. In der Bildmitte im Hintergrund der Kriegerverein Uelsen

mit Vereinsfahne.


Der Kriegerverein Uelsen ist beim Appell mit angetreten.

 


 

 

 

Eine Aufnahme aus dem Jahre 1917 vor der reformierten Kirche in Uelsen.

 

Schwere Geschütze und Material werden von hier zur niederländischen Grenze gebracht.

 

 

 

 

 



 

Ähnlich wird auch in der Schulchronik Getelomoor berichtet. Darüber hinaus steht noch geschrieben:

 

Für die Schmuggler waren die Kriegsjahre eine glückliche Zeit. Mancher der Grenzbewohner hat sich bei diesem Handwerk ein hübsches Sümmchen verdient. Diese sonst so ruhige Gegend, wohin in Friedenszeiten selten ein Fremder seine Schritte lenkte, wurde nun von Auswärtigen, die hier hamsterten, überflutet, das schließlich die Behörde eingreifen musste und den Ausweiszwang für das Grenzgebiet einführte.

 

Das Kriegsende wird in den Chroniken kaum erwähnt.

 

Es muss für die Bevölkerung eine entbehrungsreiche Zeit gewesen sein. Hierzu steht im Buch „Uelsen – Die Geschichte eines Kirch- und Gerichtsortes“:

 

Die Frauen leisteten die Arbeit ihrer eingezogenen Männer, nahmen ostpreußische Flüchtlinge auf, schränkten sich ein mit dem, was die Lebensmittelkarten für den Haushalt bereitstellten. Der Bürgermeister musste zu seinen alten Aufgaben neue, unliebsame übernehmen. Der Bürgerin melden das der Mann gefallen, der Mutter, das der Sohn im Lazarett seinen Wunden erlegen ist. Der Mangel an Brennstoffen machte die harten Winter noch unangenehmer. Verlassene Torfgruben beleben sich wieder und das Torfstück gewann seinen alten Wert zurück. Im letzten Kriegsjahr forderte eine bösartige Grippe erschreckende Opfer.

Grenzwachtkommando Uelsen-Itterbeck-Getelo-Getelomoor-Hesingen-Höcklenkamp vor der reformierten Kirche.

 

Grenzwachtkommando Höcklenkamp. Aufnahmeort leider nicht bekannt.

 


Personen oben von links = Jan Sietzen / Giesbers

Personen unten von links = Jan Timmer / A. Meistee

 

Aufnahmeort und Personen unbekannt. Ostern 1917 Der Spruch lautet: Wir haben den Krieg nicht gewollt.

 

Ausweis für den Grenzbereich vom 15. Mai 1917


Aufnahmeort unbekannt. Person stehend oben links: Gerrit Zegger.

 

Aufnahme in einem Lazarett. Ort unbekannt. Person vorne neben der Krankenschwester sitzend Henderikus Elferink.

 



Beobachtungsposten in Wielen

Dieser Bericht ist veröffentlicht unter www.uelsen-und-umgebung.de

Deutschland im Ersten Weltkrieg

Diesen Originalschein aus dem Jahr 1916 hat der Heimatverein von der

Familie Timmer erhalten.

 

 

In Deutschland wurde im Ersten Weltkrieg am 25. Januar 1915 zunächst, mit der Einführung der Brotkarte, Brot rationiert. Dieser Rationierung folgte später Milch, Fett, Eier und andere Nahrungsmittel. So gab es z. B. die „Karte zur Empfangnahme von Butter, Margarine – Pflanzenfett“ (es gab bis in die 1950er Jahre eine Fettlücke), aber auch eine „Seifenkarte“.

Notwendig wurden die Rationierungen, weil wegen der britischen Seeblockade kaum noch Lebensmittelimporte möglich waren. Die Binnenproduktion wiederum ging zurück, weil viele Bauern eingezogen worden waren. Seit dem 1. August 1916 galt in Deutschland überdies eine Verordnung über die Regelung des Verkehrs mit Web-, Wirk- und Strickwaren. Die hierin eingeführte Bezugsscheinpflicht wurde im Dezember 1916 auf Schuhwaren ausgedehnt.