Von den Anfängen bis zur Gegenwart

 

Vom alten Mühlenteich zum modernen Freibad

Der alte Uelser Mühlenteich! Dies ist, dies war der richtige! Rund herum spuken noch Märe und Sage: Weißt du noch? Es war einmal –

 

Ja, es war einmal ein sonniges Fleckchen Erde zwischen Tannen und Wiesengrün. Da läuteten fein und leise die Meisen, zirpten die Goldhähnchen und schmetterte der Buchfink seine laute Strophe: so kann ich’s! Und die eitle, bunte Markkloave schimpfte über die faule Sommergesellschaft im Grase, die anstatt in Borkum oder Norderney hier in der Stille den grünen Strand aufsuchte. In der Stille?

 

So still waren sie meist nicht, die sich hier am Nachmittag einfanden, wenn die Sonne bunte Kringel durch die Zweige warf: Schüler in bunten Mützen, Schüler aus allen Semestern, Studenten aller Wissenschaften, junge Zollpraktikanten, für sechs Wochen nach diesem Idyll verschlagen, ferienfrohe Beamte, deren Wiege im Heidedorfe gestanden, Onkel und Tanten und Vettern aus der Fremde, die in der Uelser Tannenluft die Lunge rein baden wollten. Schreiber, Kauf- und Bürgersleute, die sich einige Stunden aus dem grauen Alltag heraussehnten, und der junge Bauernbursch ließ auch wohl "Schwa" und Schüppe eine kurze Weile rasten und tauchte in die Flut. Tauchte gleichfalls ein in das frohe Strandleben der Sorglosen, und das hielt ihn noch länger als das erfrischende Naß. Waren die Gemüter von heftiger Debatte oder vom Männerskat erhitzt, so ging´s unter die Rinne, das letzte Überbleibsel der längst verschwundenen Wassermühle.

 

Im gleichförmigen Strahl ergoß sich noch tagein, tagaus das Bächlein aus luftiger Höhe auf die liegengebliebenen Quadersteine, plätscherte und stäubte zu Seiten auf das Farnkraut, wenn er nicht vorher auf jugendlich schlanke Leiber traf. Freund Schorse, der Höcklenkamper Mester, zitierte bei seinem Anblick den Alten von Weimar: "Leicht empfangen wallt er verschleiernd leis rauschend zur Tiefe nieder!"

 

Inzwischen war auch die "Erika" flott gemacht. Ruderschläge trafen das Wasser, daß die flinken Bleßhühner entsetzt über den Teich ins bergende Dickicht stoben. Flottenübungen gab´s auf dem freundlichen Weiher, wobei mancher rücklings über Bord flog. Spiegelten dann nach Sonnenuntergang "im glatten See alle Gestirne", trug der sanfte West würzigen Heuduft in den Waldwinkel, in die Stille des Abends, so glitt wohl ein selig Paar an flüsternden Halmen und hochragendem Wasserampfer vorbei und ließ die Stille reden –

 

Es war einmal –

 

Noch wölbt sich wie in jenen Tagen ein grüner Blätterdom über dem schmalen, talwärts fließenden Bächlein. In diese Kirche riefen einst die Morgenglocken friedensuchende Sonntagswandrer. Das volle, schwere Geläut, das über die Baumkronen vom Dorfe her schallte – hier wurde es zu Orgelklang, zu Psalter und Predigt.

 

Wenn aber der Winter frostharte Brücken schlug, scheuchte die glatte Eisfläche die Einsamkeit wieder in die schlafenden Höcklenkamper Heidhügel. Jugend bildete den Vortrupp der Kommenden, Jugend mit roten Wangen oder auch mit halb erfrorenen Rotznäschen. Füllte sich die schimmernde Weite mit fröhlich dahinfliegenden Menschen, hallte das Tal wieder von Jubel und neckendem Zuruf. Bald häuften sich Mäntel und Jacken am Ufer, es röteten sich die frischen Gesichter vor Wärme und Freude; sperrte doch der schützende Wald dem kalten Nordost das Tor zu dem winterlichen Festball. Buttjan schenkte drüben am "Töfelken" wohl einen guten Tropfen aus, doch brauchte er gewiß keinen Fröstelnden aufzutauen. Im Kreise ging´s wieder und wieder um die blanke Fläche, bis der Mond sich über den Lemker Berg schob und die junge Welt, untergehakt in langen Reihen, am Mühlenberg vorbei heimzog und sang: "Von den Bergen fließt ein Wasser – -" Ein Arm der Mühle wies nach dem Dorf, einer zurück nach dem Mühlenteich, der endlich im Mondenschein seinen Frieden wiedergefunden.

 

"Von den Bergen fließt ein Wasser –" du munteres Lindenbächlein, wieviel Freud und Wonne brachtest du mit von deinen braunen Hügeln! Bis der Übermut deiner Jugend dich packte, dir dein schmales Bett zu eng dünkte und du die breite Pforte einrissest. Es verblutete der Weiher im Walde. Mir ist´s, als hörte ich die grünen Kiefern klagen und Erlen und Eichen schimpfen über die undankbaren Menschen, die noch immer nicht die breite Pforte schlossen. –

 

So mag´s sein Schicksal bleiben, wie abgelebte Menschen von der Vergangenheit zu zehren und den Enkeln zu erzählen von vergangenen Tagen: Es war einmal –

 

 

 

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